Wie ich gegen das Home Office verlor

Zum Tag des strukturierten Homeoffice schreibt Sophia Steube über Tipps zum von zu Hause arbeiten. Foto: Jude Beck

In den eigenen vier Wänden arbeiten klingt nach Verheißung. Sophia Steube erzählt zum Tag des strukturierten Home Office, was es mit diesem Heiland wirklich auf sich hat.

Home Office klingt toll. Ich glaube, viele Menschen stellen sich das so vor: Man schläft aus, macht sich in aller Seelenruhe ein Spiegelei, hört einen Nachrichten-Podcast, während man sich um 11.45 Uhr die Zähne putzt, und pflanzt sich dann mit Kaffee und Laptop auf die Couch. Fast ein bisschen wie am Wochenende. Nur eben Montag bis Freitag. Oft höre ich von Freunden: „Du hast es gut! Keine neugierigen, ständig gestressten und laut telefonierenden Kollegen.“ Korrekt, denke ich dann meistens. Aber manchmal auch ganz heimlich: Es ist so still in meinen vier Wänden.

Tatsächlich war das, was viele Menschen unter Home Office verstehen, lange ziemlich deckungsgleich mit meiner Realität. Ja, auch das Zähneputzen um 11.45 Uhr. Manchmal sogar erst um 13 Uhr. Und man könnte dann meinen, dass sich so Freiheit im Berufsalltag anfühlen muss. Wenn man nicht um 7.34 Uhr die Bahn bekommen muss, um 8 Uhr einzustempeln, um um 8.30 Uhr im Meeting zu sitzen. Sondern stattdessen um 8.30 Uhr kurz zum Supermarkt radelt und schon für das Abendessen mit Freunden einkauft, dann schnell die Waschmaschine ausräumt, das Wohnzimmer saugt und am Ende stundenlang in Online-Shops stöbert, um ein Geburtstagsgeschenk für seine Mutter zu finden. DIE AN JENEM SELBEN TAG GEBURTSTAG HAT. Alles muss dann immer schnell, schnell gehen, weil die Uhr plötzlich schon Nachmittag sagt, die To-do-Liste aber noch Vormittag. Weil das Home Office voller tückischer Ablenkungsmanöver steckt und sie so gut sichtbar und fast verlockend platziert, dass man eine eiserne Disziplin entwickeln muss, um sie zu ignorieren. Und weil man sich die Rahmenbedingungen, die einem sonst das Büro gibt, auf clevere Weise selbst schaffen muss.

Die Do’s des Home Office

Ich glaube, bei mir war es ein Freitag, an dem ich mir eingestehen musste, dass ich endgültig gegen das Home Office verloren hatte. Zwar war ich mit einer Freundin zum Mittagessen verabredet, doch hatte ich mir fest vorgenommen, den restlichen Tag zu nutzen, einen Text zu schreiben, wenigstens einen. Nicht, weil die Deadline so nahe rückte, sondern um mir den Stress in der Woche darauf zu ersparen, wenn die Deadline dann wirklich näherrücken würde. Ob ich den Text geschrieben habe? Rhetorische Frage. Und das Schlimme ist: Ich konnte mich am Abend nicht mal mehr wirklich erinnern, welchen nichtigen Tätigkeiten ich stattdessen überhaupt nachgegangen war.

Es ist ja nicht so, als wüssten wir das nicht schon alle. Aber: Routinen helfen. Und damit ist natürlich nicht die Routine „Schlafe aus und mache dir in aller Seelenruhe ein Spiegelei“ gemeint. Sondern eher: Steh auf, wenn der Wecker klingelt. Schreibe nicht Milliarden To-dos auf deine Liste, die du nie und nimmer an einem Tag schaffst, sondern nur jene, die du realistisch gesehen wirklich abhaken kannst. Erledige dabei die drei unerfreulichsten To-dos zuerst. Stelle Push-up-Benachrichtigungen von Mails und Whats-App-Nachrichten ab – zumindest, wenn du gerade konzentriert einen Text schreiben möchtest. Klebe die Tür der Waschmaschine mit Panzertape zu, schließe den Staubsauger im Spint deines Fitnessstudios ein und trage den Geburtstag deiner Mutter einen Monat vor dem eigentlichen Termin in deinen Kalender ein. Ihr versteht, worauf ich hinaus will.

von Sophia Steube
Foto: Jude Beck