Was verdienen freie Journalisten?

Über Geld spricht man nicht? Von wegen! Zu wissen, was Kollegen verdienen und vor allem welche Honorare möglich sind, kann existenzentscheidend sein. Das Netzwerk Freischreiber hat dazu ein Online-Tool entwickelt und nun den ersten Jahresbericht veröffentlicht.

Auf der Jahreskonferenz von netzwerk recherche hat next media makers die Kollegen von Freischreiber getroffen und findet: Das ist eine gute Sache!

Nicht jedes Medium zahlt gleich gut

Wasjournalistenverdienen.de heißt das Tool, in das freie Kollegen und Festangestellte ihre Honorare und Gehälter eintragen können – anonym, aber für alle einsehbar. Auf der Website kann jeder Journalist sein Brutto-Honorar, die Zeichenzahl (oder bei Video- oder Audioprodukten die Minutenzahl), den Arbeitsaufwand in Stunden und seine Zufriedenheit bei der Zusammenarbeit mit der Redaktion eintragen.

Ab fünf Datenspenden kann ein Medium über die Suchfunktion auf der Website gefunden und eingesehen werden. 1.443 Datenspenden zu rund 580 Medien liegen derzeit vor. Repräsentativ ist das natürlich nicht. Aber es ist ein Anfang – und zwar ein aufschlussreicher.

Der Jahresreport 2019 zeigt eine ausführliche und sehr lesenswerte Aufarbeitung der Daten. Die wichtigsten Erkenntnisse: Es gibt erstens bislang keinen Zusammenhang zwischen Arbeitserfahrung und Zufriedenheit. Wer zweitens länger im Journalismus arbeitet, erhält bessere Honorare. Die Honare von Pauschalisten und Freien streuen drittens deutlich stärker als die der Festangestellten. Und guter Journalismus sollte viertens überall ähnlich viel wert sein. Ist er aber nicht.

22,50 Euro pro Stunde ist zu wenig

Im Mittel lag das Stundenhonorar gerade einmal bei 22,50 Euro brutto. Das ist viel zu wenig. Denn ein Drittel davon fließt meist in die Steuer. Ein weiteres Drittel investieren Freie in der Regel in Arbeitsmittel, wie die Büromiete oder Recherchereisen. Heruntergerechnet bleiben also nur 7,50 Euro pro Stunde übrig. Und das bei einer jahrelangen Ausbildung und viel Expertise.

Pro 1.000 Zeichen liegt das Honorar im Durchschnitt bei 40 Euro. Auch das ist zu wenig. Für einen Text, der 10.000 Zeichen lang ist, würde es also nur 400 Euro brutto geben. Wie viele Stunden Arbeit stecken schließlich in solch einem Text! Gerade regionale Tageszeitungen liegen sogar noch weit darunter: Für 10.000 Zeichen geben sie gerade einmal 120 Euro brutto. Zum Glück zahlen einige Redaktionen deutlich mehr – zum Teil das Vierfache. Geo, P.M., der Stern und Brand Eins etwa zahlen deutlich über 100 Euro brutto pro 1.000 Zeichen.

Arbeitet nicht für Scheißbuden!

Der Tipp von Freischreiber: Arbeitet nicht für solche Preise. Sprecht mehr über Geld. Schließt euch zusammen. Und tragt eure Honorare in das Tool ein – wieder und wieder. Denn um wirklich Preise vergleichen zu können, ist Freischreiber auf jede Datenspende angewiesen.

Einen Tipp zur Honorarverhandlung gibt es vom Freischreiber-Netzwerk auch: Wartet nicht darauf, dass euch die Redaktion einen Preis nennt. Rechnet stattdessen laut vor, wie viel Zeit ihr etwa braucht und verlangt einen Preis, von dem ihr im Gespräch auch etwas nach unten abweichen könntet. Legt für euch persönlich vorher eure Schmerzgrenze fest und weicht nicht davon ab. Haltet auch mal unangenehmes Schweigen aus. Und lasst euch nicht von Argumenten wie „Mehr haben wir noch nie gezahlt“ oder „Das kommt von ganz oben, da sind mir die Hände gebunden“ abwimmeln. Weder Reichweite noch Renommee der Redaktion sind gute Argumente – davon kann schließlich niemand leben.

Und wenn wirklich gar nichts geht: Lehnt den Auftrag ab. Unter Wert zu arbeiten, hat noch niemanden etwas gebracht. Denn ihr seid es wert, gut bezahlt zu werden!

Für noch mehr Hilfe bei Honorarverhandlungen, wird Wibke Thies demnächst wieder einen Workshop geben. Wir halten euch auf dem Laufenden!